Rückblick Jahreshauptversammlung 2021

Die Jahreshauptversammlung der Orts- und Kreisgruppe Tuttlingen

Jahreshauptversammlung

Am 12. Juli begrüßte Dr. Berthold Laufer zur ersten Jahreshauptversammlung des BUND Tuttlingen seit 2 Jahren. Den Tätigkeitsbericht über diesen Zeitraum trug er den Mitgliedern und Gästen in Form einer bebilderten Präsentation kurzweilig vor.

Der Mitgliederbestand sei über die Jahre stabil geblieben, bei den Förderern hätte es durch eine Werbeaktion des Landesverbandes einen beachtlichen Zuwachs von 400 Förderern gegeben. Laufer hob das Engagement der Verstorbenen Aktiven Dr. Horst Hipp und Thomas Stolz hervor und gedachte ihnen mit einem Moment der Stille.     

Mit der Ankündigung der neugestalteten Homepage ab August leitete er zu den Schwerpunkten des Tätigkeitsberichts über. Als nicht vergnügungssteuerpflichtige, aber wichtige Arbeit bezeichnete er die zahlreichen Stellungnahmen zu Planungsverfahren im gesamten Landkreis.

188 Anhörungen seien in den letzten 2 ½ Jahren zusammengekommen und zu 62 habe man aktiv Eingaben gemacht. Man müsse sich auf die problematischen Verfahren konzentrieren. Viele dieser Stellungnahmen seien sehr arbeitsaufwändig und erforderten umfangreiche Recherchen.

Bei allem müsse man sich im Klaren sein, dass man oft nur „gehört, aber nicht erhört“ werde. Insgesamt gesehen merke man leider kein Umdenken beim Flächenverbrauch, wenn neue Wohn- oder Gewerbegebiete ausgewiesen werden.

Dies machte er an Beispielen wie dem Gewerbegebiet „Donau-Hegau II“ in Immendingen oder an ausgedehnten neuen Wohnbauflächen in Mühlheim und Trossingen fest.

Sehr umfangreich sei auch die aktuelle Stellungnahme zum dritten „Bewirtschaftungszyklus“ der Wasserrahmenrichtlinie. Dabei gehe es keineswegs nur um ökologische Verbesserungen an der Donau in Tuttlingen, sondern um den gesamten Verlauf der Donau und ihre Zuflüsse im ganzen Kreisgebiet. Da dies wahrscheinlich die letzte Anhörungsrunde zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sei, habe man sich noch einmal mit allen Bereichen befasst. Als Beispiele zeigte er Fotos von unnötigen Querbauwerken und deren Folgen in der Elta, Bära und Donau.

Mit brillanten Fotos von Flusslibellen auf reingewaschenem Kies in der abgestauten Donau berichtete er über die Aktion „Citizen Science“ und die dabei gemachten Entdeckungen. Das im vergangenen Jahr von Dr. Alois Kapfer ins Leben gerufene Projekt wird fortgeführt; Interessenten können sich jederzeit beteiligen. „Es ist traurig, wie man mit diesem Fluss umgeht“ war mit einem Hinweis auf die ebenfalls reingewaschenen Scherben zwischen den Kieseln bezogen.

Abschließend berichtete Laufer über die Hürden, welche es von Markus Ilg zu bewältigen gab, um eine Webcam zur Beobachtung der Alpensegler im Turm der Stadtkirche zu installieren. Zu sehen auf Youtube: Alpensegler Tuttlingen.  

Nach dem Kassenbericht von Gunther Kaufmann richtete Albrecht Manz mit kleinen Präsenten den Dank an die bisherige Vorstandschaft. Besonders dankte er Dr. Jürgen Mentzel, der sich aus gesundheitlichen Gründen vom Vorsitz der Kreisgruppe zurückziehen musste. Nach der Entlastung folgte die Wahl der neuen Vorstandschaft.

Vortrag von Dr. Alois Kapfer

Dr. Alois Kapfer aus Tuttlingen, Vorsitzender des Vereins „Naturnahe Weidelandschaften e.V.“, entführte mit seinem Vortrag „Am Anfang war die Weide – zur Bedeutung der naturnahen Beweidung für den Naturschutz“ in die Vergangenheit, als unsere Artenvielfalt und unsere Kulturlandschaft entstand.

Mit zahlreichen Folien und aussagekräftigen Fotos veranschaulichte er die Prägung der Landschaft durch die großen Pflanzenfresser.
Vom anerkannt freien Fall unserer Artenvielfalt in den letzten 30 – 50 Jahren datierte er weitere 200 Jahre zurück: Auf eine Zeit, in der sich die ersten gravierenden Änderungen in der Land- und Forstwirtschaft ergaben: Einführung der ganzjährigen Stallfütterung, Aufgabe der gemeinsamen Hutviehweide des Dorfviehs und Einführung des Ackerfutterbaus mit Wiesen-Leguminosen.

Der 2. große Bruch vollzog sich 1950 – 1970 mit der Industrialisierung der Landwirtschaft und der weitgehenden Aufgabe der naturnahen Weidewirtschaft. Kapfer erklärte, dass Weidevieh in nicht zu großer Belegung eine Wiese nicht mit einem radikalen Schnitt bearbeite. Dazuhin seien Weidetiere „Taxi“ für Samen und Insekten, die sich an anderen Orten verbreiten. Pflanzen würden in unterschiedlichen Stadien gefressen, könnten aber auch gedeihen, und es blieben Fluchtmöglichkeiten für Insekten, weil nicht gleichmäßig abgeweidet wird. Schließlich könnten im Dung von unbehandelten Tieren wiederum spezialisierte Lebewesen gedeihen.

Er betonte die Bedeutung von Dung als Nahrung und Lebensraum über die gesamte Vegetationsperiode. Ein Rind produziere 1000 kg Dung im Monat, dies ergäbe 100 kg Insekten und wiederum 10 kg Wirbeltierbiomasse.

Mit Beispielfotos von der Save oder aus Rumänien zeigte er, wo von großen Pflanzenfressern gestaltete Paradiese noch vorhanden sind, oder wo in Modellprojekten neue Wege gegangen werden, wie z.B. an der Breg.

Stilecht beschloss Berthold Laufer den Abend mit einer Kiste BUND-Apfelsaft und einem „Harzer Kuhfladen“ als kleines Dankeschön an den Referenten für seinen lebhaften und informativen Vortrag.

Bilder der Jahreshauptversammlung 2021